Mein Appartement für sechs Wochen
Es gibt keine Alternative – wohnen muss man. Sechs Wochen im Oktober und November outdoor, das ist am Ufer der Meuse schon recht schattig. Man kann aus der Ferne mit einer Anmietung einen Glücksgriff machen, aber auch den berühmten Griff in die Kloschüssel landen. Zur Kloschüssel später mehr. Fotos im Internet sind wie Hochzeitsfotos und wer heiratet schon sechs Wochen? Auch die Flitterwochen bergen Alltagsroutine. Ich weiß nach sechs Wochen, wo ich wieder daheim bin und kenne daher das zeitliche Ende eines Urlaubsappartements.

Appartement im Internet angeboten in CMZ, 36 Rue de Theatre für 40 € die Nacht, für zwei Personen
Es fehlt ein Kleiderschrank, aber wer richtet sich schon auf sechs Wochen ein und lebt nicht aus dem Koffer. Mittlerweile ist die Treppe schon ein paar Jahre älter und der Putz hat sich nicht als beständig erwiesen.

Ein steiler Aufstieg, es wäre schön, würden sich meine Sprachfähigkeiten ebenso schnell und steil entwickeln.
Ich gebe zu, ich habe in den letzten sieben Jahrzehnten schon weltweit unter Bedingungen gewohnt, manchmal gehaust, die ich kein zweites Mal erleben möchte. Darum habe ich viel Geduld zu haben bereits gelernt und zumindest stundenweise werde ich sie auch benötigen. Und ich behaupte auch nicht, nicht im Internet von anderen Vorbewohnern gewarnt worden zu sein. Daher habe ich Freunde nach ihren Erfahrungen mit bouchon d’oreille gefragt. Eine der wichtigen Vokabeln, die man im Französischunterricht nicht lernt, aber so alltags-lebenswichtig sind wie bloc prises.

Blick ins Appartement, das Frühstück ist nur äußerst schlanke Bewohner vor der Tür einnehmbar.
Ein Vorbewohner hat in seiner Kritik auf sehr laute Mitbewohner eine Etage höher hingewiesen. Diesen Hinweis habe ich glücklicherweise ernst genommen und mich mit Ohrstöpseln (bouchon d’oreille) ausgestattet. Die alte, notdürftig verkleidete Decke lässt mich jeden Schritt in der oberen Etage miterleben. Ich habe den Mitbewohner noch nicht gesehen, denke aber an einen männlichen Single, der sein Schlafzimmer aufräumt. Nach drei Tagen kann ich Vieles nur erahnen, ich werde weiter berichten. Mein nigerianischer Nachbar gegenüber hat mir bei unserer ersten Begegnungen schon mitgeteilt, dass über mir nicht die Engel rauschen, sondern viel mehr irdischer Radau üblich sei.

Küchenzeile mit dem Nötigsten ausgestattet, hinter der Tür Waschmaschine, Putzzeug, Staubsauger, Bügeleisen und -brett
Was mir aber der nigerianische Nachbar en face verschwieg, ist seine Leidenschaft bei Arbeiten in seinem Garten sich mit Kopfhörern auszurüsten und mir vollständig unbekannte Musikstücke gesanglich zu begleiten und oder sie neu zu arrangieren. Als er die Kopfhörer absetzte bekam ich eine Ahnung davon, um welche Musiktitel es sich gehandelt haben mag. Mit meiner Vermutung, es könnte sich um musikalische Folklore aus Nigeria handeln, welche er bei der Feldarbeit in der dörflichen Gemeinschaft gelernt habe, lag ich vollständig falsch – es war normaler amerikanischer Pop, den er neu gestaltete. Vermutlich hat er in Nigeria nie auf dem Feld gearbeitet, und ich habe eher sechs Richtige im Lotto als dass er sechs Töne richtig trifft. Alles soll aber seinen Bemühungen, Folie auf einen Gartenweg zu legen und darauf wieder Gehwegplatten zu legen, keinen Abbruch tun. Der Weg führt in einen weiteren Hinterhof, über dessen Bedeutung ich noch nichts weiß.

Wege, die durch Hinterhöfe führen, wohin auch immer

Elektro- und Wasserleitungen – gelegt nach Notwendigkeit und zahlenmäßig gewachsen nach Bedürfnissen
Ich beklage mich nicht, nehme alles alles als eine pittoresque Begleitung .meines französischen Alltagslebens, denn wann bekommt man schon einen Blick hinter die Kulissen, sprich in die Hinterhöfe einer Stadt. Hat man mal einen Blick auf Dülmen vom Glockenturm der Viktorkirche wird man erstaunt sein über die zahlreichen Dachterrassen die aus den Dachstühlen heraus angebaut wurden.
Das letzte Wort zur Toilette. Da kein Platz für einen Wasserbehälter zum Spülen in dem kleinen Badezimmer ist und man sich eine Wasserleitung sparen wollte, wird die Kloschüssel bei Bedarf abgesaugt und in einem zweiten Arbeitsgang wieder mit Wasser aufgefüllt.

Blick ins Badezimmer mit Nasszelle
Und abschließend schreiben wir ins Vokabelheft Bloc prises = Steckdosenleiste, ohne die man keinen Laptop nebst Tisch- oder Stehlampe gleichzeitig arbeiten und leuchten lassen kann. Am besten gleich von daheim mitbringen.