SNCF

So sehr ich auch die französische Staatsbahn (SNCF) in einem meiner ersten Blogs gelobt habe, was den Fahrkartenverkauf und die Fahrpläne betrifft, muss ich doch heute meine Kritik anbringen, Und diese Kritik, diesen Schuh kann sich die Deutsche Bahn ebenfalls anziehen.

Das Logo wird alle 20 Jahre modernisiert – unsere Gehirne haben sich seit der Steinzeit nicht vergrößert

Heute werde ich nach Montmédy fahren, 46 Minuten Fahrzeit, drei Stationen südlich von Charleville-Mézières. Preis 5,00 € oder 15,80 €?

Ein Preisunterschied von 10,80 €, wie ist das möglich? Da ich die Altersgrenze von 60 Jahren schon manchmal gefühlt vor einer Generation überschritten habe, darf ich den Seniorenrabatt in Anspruch nehmen. Also nur 5,00 €, falls ich meine Kreditkarte benutze. Am Schalter wird diese ermäßigte Fahrkarte nicht verkauft. Jetzt beginnt ein zeitraubendes Abenteuer, das länger dauert, als die Fahrt selbst. Wenn Sie www.sncf-connect.fr aufrufen, drücken Sie bitte gleich die kurz aufleuchtende Übersetzungstaste „deutsch“, um noch bei guter Laune und in sprachlich vertrauter Umgebung zu bleiben. Denn diese Masken sind auch für deutsche Muttersprachler bei der DB nicht immer verständlich. Sie geben den Abfahrtsbahnhof und den Zielbahnhof ein, wobei auf Gare und Ville zu achten ist. Danach erscheint ein Kalender mit einer gewünschten Uhrzeit weiter unten und Sie sollten auch bereits die Rückfahrt, Tag und Uhrzeit angeben, Und jetzt wird nach der Ermäßigung gefragt und da sollten Sie sich wegen Ihres Alters nicht genieren, sondern auf 60 + drücken. Eine Maske ploppt auf und es wird dezidiert gefragt, wie alt sie denn nun wirklich sind. Nun, ich will nicht der SNCF nicht anbändeln gehen und kann bei der Wahrheit bleiben – wir einigen uns auf 5,00 € für die Hinfahrt und 5,00 € für die Rückfahrt.

Sollten Sie jetzt aber über keine Kreditkarte oder keine Girocard mit Maestrofunktion verfügen, war alles umsonst. Ja, ich habe eine Kreditkarte für Einkäufe im Internet und mehrere Girokarten mit denen ich Geld abholen kann und auch meine Rechnungen in Geschäften, Restaurants und diverse andere Dienstleistungen bezahlen kann, indem ich sie in irgend einen Automaten schiebe, aber über mein Smartphone funktioniert es halt nicht. Also E-Mail zu meiner Bank mit der Bitte, um Freischaltung. Ein erklärender Waschzettel hilft nur bedingt weiter, bis ich auf die Idee komme, dass sich meine Handy-Nummer geändert hat. Jetzt klappt es mit der Freischaltung und ich habe zwei Fahrkarten für den Gesamtpreis von 10 € statt 31,60 € auf meinem Smartphone.

Ich bin doch erstaunt, wie häufig in Frankreich mit der Kreditkarte bezahlt wird. Nach Meinung meiner Kollegen bei Artisan du Monde sei es eine Folge von Covid-19. Damals hätte die Nutzung der Karten zum bargeldlosen Bezahlen seinen Aufstieg erfahren. Rangehalten, Geld weg. Ich bevorzuge weiterhin mein Bargeld, denn ich habe nicht ständig meinen Kontostand im Kopf und korrigiere ihn geistig nicht bei jedem Brötchenkauf. Ich möchte weiterhin mit einem Blick in mein Portemonnaie wissen, wie verschwenderisch ich gelebt habe und nicht am 20. feststellen, es sei noch ein langer Monat. Zumal ich auch keinen Vorschuss von der Rentenkasse bekommen kann und Banken immer mutmaßen, dass man sie als Rentner mit einem abrupten Ableben hintergehen möchte.

Und hier beginnt meine Kritik, die auch die Kritik am Deutschland-Ticket einschließt. Jede Verwaltung, jede Firma bemüht sich, barrierefrei zu sein und selbst Websites werden barrierefrei gestaltet, aber jene Altersgruppe, die am ehesten über Barrieren stolpert, wird systematisch ausgeschlossen. Wenn die Augen schon nicht mehr richtig mitmachen, wird man auf einen kleinen Bildschirm eines Smartphones reduziert und zieht man alles größer, verliert man die Übersicht. Oder dürfen Aufzüge nur Rollstuhlfahrer benutzen? Ich möchte über Luxemburg nach Dülmen zurückfahren, denn ab Luxemburg gilt mein Deutschland-Ticket, welches es ja auch nur auf dem Smartphon gibt. Ich muss immer suchen, unter welcher App es sich gerade versteckt und in welcher Nische der App. Je nach Aussehen der Kontrolleurin lasse ich sie dann auch manchmal suchen – etwas Spaß muss die Bahnfahrt auch machen.

Ich möchte einen Zug um 5.20 Uhr ab CMZ buchen, das gelingt mir aber nicht, weil für solch einen frühen Zug keine Preise für Rentner angegeben werden. Vermutlich dürfen Rentner ohne Begleitung einer erziehungsberechtigten Person so früh noch nicht Zug fahren. Von Luxemburg nach CMZ habe ich ca. 25 €uro bezahlt, 49 € für das Deutschlandticket, ein akzeptabler Preis. Ich könnte auch eine Fahrkarte am Schalter mit dem TGV über Reims, Paris, Lüttich, Brüssel, Aachen, Köln und dann per ICE nach Münster und Nahverkehrszug nach Dülmen für 250,00 € buchen. Dieses Ticket könnte ich mir in Papierform ausdrucken lassen. Ich entscheide mich für die scheinbar langsamere Variante mit direkter Streckenführung und landschaftlichem Ausblick. Tunnelblicke hatte ich genügend in meinem Leben.

Ich werde mich also an einen mir scheinbar vertrauenswürdigen Mitarbeiter der SNCF im Bahnhof wenden und um eine Fahrkarte in schriftlicher Form nach Luxemburg wenden. Sollte ich dieses Thema nicht mehr aufgreifen müssen, dann bin ich wohlbehalten in Dülmen angekommen, falls nicht, vielleicht noch immer an der Meuse oder an der Mosel, was übrigens nichts anderes bedeutet als „kleine Meuse“.

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