Trockentoilette à la campagne

Die Ardennen, ein Mittelgebirge, dem Hochschwarzwald ähnlich, erstreckt sich zu sechs Siebtel über die belgische Wallonie, zu einem Siebtel nach Frankreich, mit der Metropole Charleville-Mézières (CMZ). Wer aus Dülmen kommend hinter Liège oder gar Namur die Autobahn verlässt, wird sofort die schlechtere Asphaltdecke der Straßen spüren und sich auf den kurvenreichen engen Landstraßen rund um Bastogne fragen, ob das Navi versagt hat. Nicht jede Landstraße durch die Wälder wird bei Glatteis empfohlen zu befahren. Fährt man durch ein Dorf, fragt man sich, wohnt hier noch jemand und falls doch, wer?

Ja, diese Dörfer sind noch bewohnt, wenn auch nicht jedes Haus und viele verwitterte Reklametafeln zeugen nur davon, wo einmal die Dorfgaststätte oder der letzte Gemischtwarenladen war. In den Häuser verstecken sich mehr Menschen, als dass sie noch vital sind, Großeltern, die vom Staat vergessen wurden. Ehemalige Landwirte, die ihren Bauernhof nicht mehr bewirtschaften können, und viele Witwen, deren verstorbenen Ehemänner in der Metallwirtschaft arbeiteten, aber mit dem Strukturwandel arbeitslos wurden. Die Wallonie ist das Armenhaus Belgiens und das Departement Ardenne-Champagner mit CMZ ist der Nachbar, mit ähnlichen Problemen.

Ich erinnere mich nur einmal vor etlichen Jahrzehnten in einem Lokal auf jenen zwei Platten in einem Porzellanbecken gestanden zu haben, welches für viel schamhaftes Gespött und Gelächter vor, nicht während des Französischunterrichts gesorgt hat. Ich fand es hygienischer als manche unserer öffentlichen Toilettensitze und fand die Witze albern. Als ich jetzt in einem 10 km von CMZ entfernten Dorf in einem alten Bauernhaus zu Gast war, kündigte man mir an, dass es nur ein Trockenklo gibt. Kein Rohranschluss an die öffentliche Kanalisation, sondern nur ein Eimer, der mit gröberen Katzenstreu gefüllt die Hinterlassenschaften des Vorbenutzers bedeckte. Keine stinkende Geruchsbelästigung wie bei uns aus den Urinalen vieler moderner Gaststätten in den Innenstädten. Ein Eimer mit frischem Streu gefüllt und griffbereit vorhanden. Letztendlich bleibt es Aufgabe der Hausfrau, oder in dem Fall des Hausherren, das Trockenklo zu entsorgen. Wohin, entzieht sich meiner Kenntnis, denn es war abends und draußen dunkel.

Diese mehr oder weniger verlassenen Dörfer an die öffentlichen Kläranlagen, allein an die Wasserversorgung an zu schließen, kostet den Kommunen viel Geld, was sie einfach nicht haben. Früher hatte jedes Haus seinen eigenen Brunnen, deren Wasser aber heute wegen zu hoher Nitratwerte nicht mehr als Trinkwassers genutzt werden darf, nur noch zum Duschen und für die Waschmaschine. Vielen Bauernhöfen im Münsterland geht es heute nicht anders. Andererseits führt die fehlende Kanalisation nicht zum Zuzug junger Familien, die dort wegen der billigeren Grundstückpreise gerne bauen würden. Gibt es aber bereits eine Kanalisation, sind die alten Dohlen (Abwasserleitungen) zu eng bemessen, dass das Toilettenpapier extra in Eimer entsorgt werden muss, soll es die Leitungen nicht verstopfen, wie in Griechenland und Portugal außerhalb der Touristenzentren erlebt.

Das Trinkwasser wird in großen Flaschengebinden oder Kanistern von fahrenden Händlern in die Dörfer transportiert, wie die fahrenden Bäcker, Metzger, Lebensmittelhändler und Gaslieferanten mit ihren Kartuschen für den Herd heute in den Ardennen die letzten Kontakte zur Außenwelt halten. Europa ist bei weitem noch nicht allerorten so modern, wie wir es in deutschen Dörfern und Städten glauben. Viele Wasserkunden in deutschen Geschäften, deren dunklere Hautfarbe und gekräuselten Haare nicht auf Vorfahren aus dem Teutoburger Wald verweisen, sind Belege für die mangelhafte Wasserqualität ihrer Heimat.

Fotos werde ich später einfügen.

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