Hans Blickensdörfer

Ich beabsichtige auch nach Montmédy, einem großen Dorf ca. 30 km südlich von Charleville-Mézières zu fahren, in welchem meine ehemalige Freundin ein Jahr lang unterrichtete und ich sie besucht habe. Montmédy ist erwähnenswert wegen zweier Bauwerke. Zum einen die Festung, in welcher königstreue Truppen auf Ludwig XVI. warteten und die französische Revolution vielleicht anders verlaufen wäre und zum anderen wegen seines Gefängnisses, das wir aber nicht kennen gelernt haben.

Montmédy, ein größeres Dorf, das als bauliche Besonderheit seinen Bahnhof auf einer Ansichtskarte hervorhebt.

Es erinnert mich jedoch an meinen längst verstorbenen Kollegen Hans Blickensdörfer, der in seinem Buch „Bonjour Marianne“ von seiner Kriegsgefangenschaft in einem großen Gefängnis berichtet, in welchem er wegen misslungener Fluchtversuche aus französischen Lagern in den Nachkriegsjahren inhaftiert war, und alle Klischees über Frankreich und die Franzosen bestätigt.

In einem abgetrennten Flügel des Gefängnisses waren auch Frauen untergebracht, die wegen Kollaboration mit dem Feind, Schwarzmarkthandel und dergleichen Straftaten einsaßen, Einmal in der Woche war es für die Männer Pflicht in einer großen Halle heiß zu duschen. Die Halle musste im Winter vorgeheizt werden, sollten nicht Lungenentzündungen vorprogrammiert werden. Kurze Zeit später verschwanden alle Männer in einer riesigen, dampfenden Nebelschwade und niemand sah mehr, was passierte. Je nach Lust und Laune des Wachpersonals erfolgte nach einiger Zeit der Abmarsch.

Wenn die Waschkaue schon mal eingeheizt wurde, war es zweckmäßig, dass anschließend auch die Frauen zum wöchentlichen Waschritual anrückten. Man könnte es eine Nacht- und Nebel-Aktion nennen, nur dass es nicht dunkel war, aber dank des heißen Wassers doch so nebelig, dass die Wachmannschaften der Männerabteilung nicht bemerkten, drei Männer hatten sich im hinteren Teil der Kaue im Nebel versteckt und warteten auf die anrückenden Frauen. Lange Vorstellungsgespräche soll es nicht gegeben haben, dafür aber zufriedene Männer und etliche glückliche Frauen, die noch einige Wochen von den unerwarteten Begegnungen gezehrt hätten.

Laut H. Blickensdörfer haben die Wachmannschaften von einer Bestrafung der Männer abgesehen, denn über soviel Chuzpe hätten auch sie geschmunzelt. Nur wurde ab sofort beim Abrücken der Männerkolonnen durchgezählt.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert