Pferde und Motorräder als Rentiere
Meine Erwartungen an den Nikolaus sind eher gering. Darum habe ich keinen geputzten Schuh auf das Fenstersims gestellt und bin auch erst aufgestanden, als die Franzosen in Charleville-Mézières (CMZ) ihre Geschäfte bereits zur Mittagspause schlossen. Somit gingen meine Erwartungen und die Arbeitsleistung des Nikolaus von CMZ konform: Rien ne va plus! Da ich aber stets besten Willens bin, ging ich auf Nikolaus-Spurensuche und dies bei strömenden Regen in Mézières.

Kleiner Weihnachtsmarkt in Mézières
Ehrlich gesagt, sowohl das Rathaus als auch der Marktplatz davor sind in den 30er Jahren des letzten Jahrhunderts für die Stadt Mézières einfach zu groß geraten, Mit dem Zusammenschluss von Charleville und Mézières 30 Jahre später und der Eingemeindung umliegender Dörfer repräsentiert das Rathaus die neue Größe von CMZ, während das alte Rathaus von Charleville am Place Ducale sich immer in der einen Ecke verstecken zu wollen scheint. Ein brachialer Stillbruch, die verspielten Arkarden des 17. Jahrhunderts und die rechtwinkligen Blocksteine des 20. Jahrhunderts. Aber wo Recht und Ordnung herrscht, äußerlich es bereits gradlinig zugehen muss, hat das Verschnörkelte, das Verspielte der spätbarocken Fresken der angrenzenden Geschäfte keinen Platz.

Pferd mit Elchgeweih, wenn es schon keine Rentiere gibt
Der Adventskranz mit seinen vier Kerzen hat es von dem Ort seiner Entstehung, dem Rauhen Haus in Hamburg, auch noch nicht nach Frankreich geschafft. Nur der Bischof von Myra, Nikolaus, ist im gesamten Christentum bekannt und sein Todestag, 6. Dezember, wird auch in CMZ gefeiert, vor beiden Rathäusern. Nikolaus lebte in Myra im 3. Jahrhundert, das heute Demre heißt und ca. 100 km südwestlich von Antalya liegt. Zu seiner Zeit war die Gegend noch nicht türkisch, als Amtssprache war griechisch üblich. Nikolaus verschenkte laut der Heiligenlegende sein geerbtes Vermögen an die Armen der Gegend.
Mangels Elchen, eher Wildschweine sind die Symboltiere der Ardennen, behilft man sich für das Nikolausgefährt eines belgischen Kaltblutes, dem eine rot-weiße Elchkappe über die Ohren gezogen wird. Was würde das Pferd wohl sagen, könnte es sich im Spiegel betrachten? Vor eine kleine Kutsche gespannt, trabte das Gespann zur Freude der Kinder und deren Eltern dann vom Weihnachtsmarkt in Mézières zum Weihnachtsmarkt in Charleville. Ich habe mir das Schauspiel erspart, da es nicht zu regnen aufhörte und ich Anzeichen einer Erkältung spürte.

Kutsche für den Nikolaus wird geschmückt
Auf dem Rückweg wurde ich von ca. 30 Nikoläusen und Schneemännern auf Motorrädern überholt, die sich auf dem Weg zur Kinderabteilung des Krankenhauses Manchester befanden. Die englische Stadt Manchester hat Charleville und Mézières in den Jahren nach dem 1. Weltkrieg finanziell geholfen, die Kriegsschäden zu beseitigen.

Nikoläuse und Schneemänner mit Geschenken in den Satteltaschen auf dem Weg ins Kinderkrankenhaus
Es ist eine Kleinigkeit, aber kennzeichnet weiter die rigorose Trennung von Kirche und Staat in Frankreich. Die deutschen Gänse empfehlen für den 11. November Rinderfilet als Festbraten, um ihrem Schicksal als Martinsgans zu entgehen. Die Martinsgans ist in Frankreich vollständig unbekannt, und man muss schon nachhelfen, wenn man den hl. Martin zum Franzosen erklärt, der sich im Gänsestall von Tours versteckte, um nicht Bischof zu werden. Offensichtlich kannte sich Bruder Martin nicht mit Gänsen aus, denn die verrieten ihn und er musste Bischof werden. Die Ernennung zum Bischof wurde mit einem Festessen gefeiert und dazu mussten die Gänse mit ihrem Corpus dienen. Undank ist der Welten Lohn, und das gilt auch für Gänse, Verräter bleibt Verräter! Die spätere Teilung des Mantels erscheint zwar großmütig, aber hat sie auch die frostigen Temperaturen halbiert?
