Hans Blickensdörfer

Ich beabsichtige auch nach Montmédy, einem großen Dorf ca. 30 km südlich von Charleville-Mézières zu fahren, in welchem meine ehemalige Freundin ein Jahr lang unterrichtete und ich sie besucht habe. Montmédy ist erwähnenswert wegen zweier Bauwerke. Zum einen die Festung, in welcher königstreue Truppen auf Ludwig XVI. warteten und die französische Revolution vielleicht anders verlaufen wäre und zum anderen wegen seines Gefängnisses, das wir aber nicht kennen gelernt haben.

Montmédy, ein größeres Dorf, das als bauliche Besonderheit seinen Bahnhof auf einer Ansichtskarte hervorhebt.

Es erinnert mich jedoch an meinen längst verstorbenen Kollegen Hans Blickensdörfer, der in seinem Buch „Bonjour Marianne“ von seiner Kriegsgefangenschaft in einem großen Gefängnis berichtet, in welchem er wegen misslungener Fluchtversuche aus französischen Lagern in den Nachkriegsjahren inhaftiert war, und alle Klischees über Frankreich und die Franzosen bestätigt.

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Das Schloss der Feen

Nach Schätzungen von seriösen Archäologen und Historikern könnte man über die Jahrhunderte verteilt in Deutschland wohl 3.000 Burgen ausfindig machen. An den meisten sind aber die Prinzen vorbeigeritten, haben die Dornen nicht zurück geschnitten und Röschen ist mittlerweile endgültig entschlafen. Vom Chateau des Fées östlich von Charleville-Mézières am linken Meuse-Ufer gelegen, hat man erste schriftliche Erwähnungen im Jahr 1629, als es nach wahrscheinlich 800 Jahren endgültig zerstört wurde.

Chateau des Fees – länger vergessen als bewohnt

Erst in den 1940ern und 1950ern beginnen Archäologen zu graben und sie finden viel Historie im Dickicht der Ardennen.

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Mézières

Mittelalterliches Modell von Mézières im Musée de l’Ardenne

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Deutscher Film mit französischem Untertitel

Gut, ich bin in Charleville-Mézières um französisch zu lernen, und nicht, um in einer deutschsprachigen Blase Urlaub zu mache. Aber ich wurde von Annie eingeladen, mit ihr ins Kino zu gehen und den deutschen Film „Zwei zu Eins“ (La belle Affaire) mit französischen Untertitel anzuschauen. Annie ist Deutschlehrerin im Ruhestand und war häufig auch für längere Zeit in Deutschland. Zwei zu eins spielt 1990, als die Mark Deutscher Noten der DDR in DM umgewechselt wurde. 4.000 MDN wurden für Erwachsene 1:1 umgetauscht, Beträge darüber 1:2. So wurden die Bankkonten von älter als 59 Jahre (6.000 MDN), Kinder (2.000 MDN) und vielen ärmeren Verwandten aufgefüllt und es kam ein Stück Starthilfe zu den neuen Bundesrepublikanern.

Das Kino von Charleville-Mézières

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Römische Vergangenheit

Als Julius Cäsar sein Bello Gallica mit den Worten beginnt „Gallia est omnis divisa in partes tres“ dachte er vielleicht schon an das zweite Buch, an die Kämpfe gegen die Belgier, beginnend an der Meuse. Erst vor 20 Jahren hat man im Quartier de Montcy – Saint-Pierre die Reste eines römischen Fußbodens freigelegt, die auf eine militärische Präsenz hindeuten.

Drei Tafeln an der Rue de Castrice weisen auf die Funde aus römischer Zeit hin

Die Straßenverläufe rings um den Fundort sind noch heute rechtwinklig angelegt, typisch für Bauweise eines Castrums, welches die Straße von Reims nach Köln zu beschützen hatte.

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80 Jahre danach

Spätestens im nächsten Jahr werden alle Archive zur Geschichte der Resistance geöffnet sein, und in Frankreich ist bereits eine Diskussion ausgebrochen, wer gehörte dazu? 504 Bürger von Charleville und aus der Umgebung sind in Konzentrationslager deportiert und getötet oder vor Ort erschossen worden. Ihrer wird auf dem Plateau de Berthaucourt rechtsseitig der Meuse gedacht.

In einem Vortrag der Société d’Histoire des Ardennes beleuchtete Philippe Lecler die Aktionen der Resistance und ihre heutige Wertung. Für mich als deutschen Zuhörer eine vollständig neue Betrachtungsweise und auch für viele französische Zuhörer viel Diskussionsstoff,

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Nuit blanche

Da es zu meinem Text am letzten Montag einige Nachfragen gab, möchte ich noch einmal auf die Nuit blanche eingehen. Das Konzept der Nuit Blanche wurde von ähnlichen Ereignissen in den nordischen Ländern inspiriert, wo sich der Begriff auf die Zeit bezieht, in der die Dämmerung die ganze Nacht dauert. Die erste moderne Nuit Blanche wurde 2002 in Paris organisiert. Seitdem hat sich diese Veranstaltung auf mehrere Großstädte auf der ganzen Welt ausgeweitet, darunter Rom, Montreal, Seoul und Dülmen, wo es der alle zwei Jahre stattfindenden Kulturnacht entspricht. Nur umschließt es weltweit auch Museen, Konzertsäle oder andere kulturelle Orte, die sonst nicht kostenlos zugänglich sind – soweit man hat.

Eine weiße Traumstadt, von Schülern aus CMZ gebaut, die zum Teil reale Häuser ihrer Umgebung beinhaltet.

„Faire une nuit blanche“ bedeutet im Französischen auch, wie mir meine Freunde erklärten, „eine schlaflose Nacht haben“, „die ganze Nacht wach bleiben“ oder „eine Nacht durchmachen“.

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Mehr als Marionetten

Alle zwei Jahre im Herbst verwandelt sich Charleville-Mézières zu einer einzigen Theaterbühnen. Von morgens um 10 bis tief in die Nacht treten auf allen Plätzen an jeder Straßenecke und in jedem Saal Marionetten, Stabpuppen oder menschliche Figuren auf und verzaubern und begeistern von filigranen Darbietungen, über grotesken Improvisationen bis hin zu illuminierten Spektakeln Jung und Alt. Offiziell fand das erste Weltfestival des Puppenspiels 1961 statt, dessen Gründer Jacques Félix bis 2020 die Leitung inne hatte. Die Idee stammte aber wohl tatsächlich von Marionettenauftritte zur Verkehrserziehung für Schulkinder, wie ich mich an Plakate im Treppenhaus des Hotel de Paris erinnere, die aber seit dessen Renovierung verschwunden sind.

Über 200.000 Besucher werden zum Festival Mondial des Théâtre de Marionettes vom 19. bis 28. September 2025 in Charleville-Mézières erwartet.

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10. Arbeitstag im Artisans du Monde

Ich gebe zu, mir all die Namen der Damen im Artisans du Monde zu merken, es überfordert mich. Selbst bei den beiden Männern, Fabienne und wer ….? Am häufigsten bin ich da, wobei ich nicht am meisten arbeite. Mittlerweile etikettiere ich jeden Artikel mit Etiketten, die jeder Warenlieferung beiliegen. Bleibt kein Etikett übrig, stimmt die Warenlieferung mit der Gesamtrechnung von der Zentrale überein. Natürlich könnte man bei einer Scannerkasse sich diese Arbeit ersparen, eine Wareneingangskontrolle bliebe trotzdem sinnvoll, denn ob das Zentrallager fehlerfrei arbeitet und keine Inventurdifferenzen produziert – wer weiß das schon.

Thérèse und Silvie im Kundengespräch

Die Hauptumsatzträger im Artisans du Monde bleiben die Lebensmittel, was während der Covid-19 Pandemie entscheidend war, als dass deswegen das Geschäft als systemrelevant eingestuft wurde und geöffnet bleiben durfte.

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Wo die Waffen schweigen

Umfangreich ist die Sammlung von Gewehren und Handfeuerwaffen im Musée de L’Ardenne, denn in Charleville befanden sich im 18. Jahrhundert einige Manufakturen, die sich mit deren Herstellung befassten. Nahe der Grenze zu den habsburgischen Gebieten, heute Belgien, und der französischen Eisen- und Stahlproduktion in Longwy und Longyon kann es nicht verwundern, dass die Festungen Mézières, Sedan, Montmédy bis Metz kurze Wege zum direkten Nachschub bevorzugten. Nur fatal, wenn die Waffenschmiede schon kurz nach Kriegsbeginn unter die Kontrolle des Feindes gerät, wie 1914 bis 1918 Charleville, als es Sitz des Oberkammandos der Reichsheeres war. Letztendlich war es aber doch nicht kriegsentscheidend.

Erfolgreich exportiert wurden diese Langwaffen und Pistolen nach Nordamerika, um die 13 Staaten der Ostküste in Ihrem „Freiheitskampf“ gegen das englische Mutterland zu unterstützen.

Seine eigene Erfahrung mit dem Resultat einer Waffe sammelte Arthur Rimbaud 1871 im deutsch-französischen Krieg nahe der Front, die er in seinem wohl bekanntesten Gedicht „Der Schläfer im Tal“ festhielt.

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