Sagenwelt der Ardennen

Wer beim Morgengrauen am Tag der Sommersonnenwende durch die Wälder um Charleville-Mézières wandert, kann es noch immer hören; Das Wiehern eines Pferdes namens Bayard. Die wohl älteste und bekannteste Sage der Ardennen um das Wunderpferd Bayard mit den vier Söhnen des Aymon de Dordonne hat seine nachweislich schriftliche Fassung im XII. Jahrhundert, wird aber in den mündlichen Variationen auf die keltische, vorchristliche Zeit des sechsten Jahrhunderts datiert.

Die vier Söhne des Aymon de Dordonne, Miniatur aus dem XIV. Jahrhundert

Demnach wird Bayard als Sohn eines Drachens und einer Schlange von dem Zauberer Maugis von einer Vulkaninsel befreit und Kaiser Karl dem Großen geschenkt. Der verschenkt es weiter an Renaud de Montabaun, dem ältesten Sohn des Aymon. 

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Je est un autre

Eine Woche lang wird der 170. Geburtstag von Arthur Rimbaud gefeiert, der gebürtig aus Charleville stammt. Die Unfassbarkeit der Gedichte des Lyrikers, der mit seinen Gedichten von 1870 bis zu den Dadaisten in den 1920ern die europäische Lyrik beeinflusste, wird durch die Unfassbarkeit anderer künstlerischen Bereiche dargestellt.

In der Nuit Blanche eröffneten changierende Gasballons auf dem Place Ducale ein Festival der Aktivitäten an 21 Schauplätzen

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Der Bauch von Charleville

Nein, die Markthallen von Paris-Rungis, nach Emil Zola der Bauch von Paris, ist die Markthalle von Charleville wahrlich nicht. Zumal in Rungis Groß- an Einzelhändler verkauften und nicht an Endverbraucher. Fünfzehn Händler sollen offiziell nahe des Place Ducale ihre Lebensmittel anbieten, zählt man aber die vor der Markthalle stehenden Verkaufswagen dazu, sind es mehr als zwanzig. Obst, Gemüse, Käse, Fleisch, Backwaren und viele vorgebackene Gerichte werden bevorzugt am Samstag von 8 – 13 Uhr angeboten.

Am Dienstag und Donnerstag, ebenfalls von 8 – 13 Uhr, bietet sich dagegen eher ein trauriges Bild mit drei Obst- und Gemüsehändlern, die auch nur drei Kunden bei meinem Besuch anziehen konnten.

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Grenzwertig

Nunmehr bin ich seit einer Woche in Charleville-Mézières und ich fühle mich wohl, eben wie Gott in Frankreich. Weil ich von jeglicher Verpflichtung entbunden, im Artisans du Monde nach freier Zeiteinteilung mit kommunikativen Damen zusammen arbeiten darf, ohne eine Stechuhr im Rücken und keinerlei Arbeitsdruck verspüre.

Es ist es Gelegenheit sich zu erinnern, wie es vor 50 Jahren war, wenn heute von einem Dexit phantasiert wird. Das Merkantilsystem, nur exportieren und Importe hoch verzollen, hat schon Ludwig XIV vor große Probleme gestellt und mit seinen Kriegen eine Staatsbankrott provoziert. Die EU ist nur halb so groß wie die chinesische Provinz, die Mandschurei. Wer dann noch glaubt, durch Separatismus auf dem Weltmarkt bestehen zu können, überschätzt sich gewaltig.

Monique und ich etikettieren die Ware

Blicken wir 50 Jahre zurück und es sind meine, ganz allein meine persönlichsten Erinnerungen und ich gebe zu, sah ich eine staatstragende Uniform, war ich auf Krawall gebürstet.

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George – der Friseur

Letztes Wochenende stellte ich noch die Sangeskünste meines Nachbarn in Frage, seine handwerklichen Friseurkünste, stehen außer Frage. Im „Coiffeur Solidaire“ gegenüber meines Hauseinganges ist mein Nachbar George Gründer und Chef eines Friseursalons, in welchem mittellose oder ärmere Mitbürger sich einen Haarschnitt erlauben können.

Le Coiffeur Solidaire in er Rue du theatre, gegenüber meiner Wohnung

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Arthur Rimbaud

Nach sechs Tagen in Charleville-Mézières wird es Zeit auf den wohl bekanntesten Künstler der Stadt Artur Rimbaud einzugehen. Was Mozart für Salzburg, Goethe für Weimar ist Rimbaud für Charleville – man kann ihm nicht entkommen. vertonte Gedichte gibt es viele, gemalte Gedichte eher weniger. 17 Mal hat die Stadt Charleville-Mézières große Hauswände für Gedichte „beschlagnahmt“ und Maler aufgefordert, das Gedicht in -Farben zu interpretieren.

Das bekannteste Bild ist eine Karikatur Rimbauds auf der Titelseite der Zeitschrift Les Hommes d’Aujourd’hui von 1888, welche den Dichter im Arbeiten mit Vokalen zeigt, die zu einem lautmalerischen wohlklingenden Ensembel als Gedicht zusammengefügt werden sollen. Die Karikatur von Manuel Luque bezieht sich auf das Gedicht „Voyelles“ welches in der Zeitung erstmalig erschien und wohl eines der bekanntesten wurde. Das handschriftliche Originalmanuskript wurde 2015 auf die Rückseite der neu erbauten „Mediatheque Voyelle“ in der Rue de l’Èglise reproduziert. Dies bildete den Auftakt für 16 weitere Fresken an weniger repräsentativen Orten der Stadt und ließen einen Parcous Rimbaud entstehen,

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Der Flaneur und die Crêpes

Nein, mein heutiger Arbeitstag beginnt nicht in aller Hergottsfrühe um 8 Uhr, das Artisans du Monde (AdM) öffnet erst um 14.00 Uhr. Ich flaniere, und das zur ungewöhnlichsten Tageszeit. Denn möchte man schick gekleidete und gut geschminkte Frauen heute in Charleville-Mézières sehen, muss man die Augen vor Bürobeginn in den Fußgängerzonen offen halten. Anschließend sind sie in den Büros verschwunden und bleiben nahezu unsichtbar.

Damenmode 1854

Bis zum Feierabend wird wenig Mode getragen, es dominiert der Einheitsbrei internationaler Konzerne mit ihrer Massenware aus Fernost.

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Place Ducale – das Herz von Charleville-Mézières

Charleville ist eine sehr junge Stadt, gerade 400 Jahre alt, während das Pendant Mézières auf eine römische Geschichte und noch ältere Siedlungsbefunde verweisen kann.

Charleville heisst übersetzt Charles‘ Stadt und weist auf den Gründer Charles de Gonzague hin, Neffe von König Heinrich IV., Herzog von Nevers und Rethel, Gouverneur der Champagne. Als schier unermesslich reicher Adliger möchte er sich den Traum von einer idealen Stadt erfüllen. Diesen Traum der Renaissance soll ihm Clément Métezeau ab 1606 erfüllen, dessen Bruder Louis den Place des Vosges seit 1605 baut und zum Vorbild für den Place Ducale wird.

Postkarte vom Place Ducale, 1899. Die Dachgauben fehlen, sie werden erst im 20. Jahrhundert wieder eingebaut

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