Der Flaneur und die Crêpes

Nein, mein heutiger Arbeitstag beginnt nicht in aller Hergottsfrühe um 8 Uhr, das Artisans du Monde (AdM) öffnet erst um 14.00 Uhr. Ich flaniere, und das zur ungewöhnlichsten Tageszeit. Denn möchte man schick gekleidete und gut geschminkte Frauen heute in Charleville-Mézières sehen, muss man die Augen vor Bürobeginn in den Fußgängerzonen offen halten. Anschließend sind sie in den Büros verschwunden und bleiben nahezu unsichtbar.

Damenmode 1854

Bis zum Feierabend wird wenig Mode getragen, es dominiert der Einheitsbrei internationaler Konzerne mit ihrer Massenware aus Fernost.

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Place Ducale – das Herz von Charleville-Mézières

Charleville ist eine sehr junge Stadt, gerade 400 Jahre alt, während das Pendant Mézières auf eine römische Geschichte und noch ältere Siedlungsbefunde verweisen kann.

Charleville heisst übersetzt Charles‘ Stadt und weist auf den Gründer Charles de Gonzague hin, Neffe von König Heinrich IV., Herzog von Nevers und Rethel, Gouverneur der Champagne. Als schier unermesslich reicher Adliger möchte er sich den Traum von einer idealen Stadt erfüllen. Diesen Traum der Renaissance soll ihm Clément Métezeau ab 1606 erfüllen, dessen Bruder Louis den Place des Vosges seit 1605 baut und zum Vorbild für den Place Ducale wird.

Postkarte vom Place Ducale, 1899. Die Dachgauben fehlen, sie werden erst im 20. Jahrhundert wieder eingebaut

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Mein Appartement

Es gibt keine Alternative – wohnen muss man. Sechs Wochen im Oktober und November outdoor, das ist am Ufer der Meuse schon recht schattig. Man kann aus der Ferne mit einer Anmietung einen Glücksgriff machen, aber auch den berühmten Griff in die Kloschüssel landen. Zur Kloschüssel später mehr. Fotos im Internet sind wie Hochzeitsfotos und wer heiratet schon sechs Wochen? Auch die Flitterwochen bergen Alltagsroutine. Ich weiß nach sechs Wochen, wo ich wieder daheim bin und kenne daher das zeitliche Ende eines Urlaubsappartements.

Appartement im Internet angeboten in CMZ, 36 Rue de Theatre für 40 € die Nacht, für zwei Personen

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Artisans du Monde 1. Tag

Wie kommt man zu solch einer Anstellung? „Blindbewerbung“ heißt das Zauberwort. Als ich im Juni zum Festival de la Musique das Dülmener Saxophon-Orchester „Ohne Anton“ im Auftrag des Partnerschaftskomitées Dülmen-Charleville-Mézières (CMZ) begleitete, bekam ich Halsschmerzen und wollte ein Glas Honig kaufen.

Eingang zum Artisans du Monde

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SNCF statt Deutsche Bundesbahn

Gut, gestern ging eine längere Zugreise zu Ende. Fast elf Stunden, statt fahrplamässiger acht, aber Umsteigezeiten von sieben Minuten in meiner Altersklasse mit 20 kg leichtem Handgepäck sind auch eine Herausforderung. Darum drei Züge später als geplant, umsteigen in Longwy.

Fast noch ein Fiasko in Koblenz erlebt, als ich ein Fingern an meiner Gesäßtasche spürte. Trotz Gepäck eine schnelle Drehung und schon fällt der Frau hinter mir meine Geldbörse aus der Hand. Sie hebt sie auf, gibt sie mir, ohne ein Dankeschön abzuwarten und flieht mit ihrem Begleiter zu einem anderen Zug.

Rückblick: „Correspondance“ sagt nach drei Glockentönen eine nette Frauenstimme aus einem Lautsprecher, was in Nichts zu vergleichen ist mit dem marzialischen Gebrüll eines deutschen Spießes aus schäppernden Lautsprechern „Vorsicht an der Bahnsteinkante“. Erst Monate später erschliesst sich mir dieses gesäuselte „Correspondance“ zum banalen „Anschluss“ – den ich ja nun wahrlich suche. Fahrscheinkontrolle im Zug und mir laufen die Augen über.

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Tag 1 in Charleville-Mézières

4. Okt. 2024

Das Rathaus von Charleville-Mézières, abgekürzt CMZ. Erbaut 1936 im neogotischen Stil.

Ankunft in Charleville-Mézières

Gestatten: Rüdiger G. Behrens.

Für sechs Wochen werde ich in Dülmens französischer Partnerstadt Charleville-Mézières leben und auch etwas arbeiten. Vor allem möchte mit zahlreichen Kontakten zur Bevölkerung, die meines Erachtens noch immer miserablen Sprachkenntnisse, endlich auf ein höheres Level bringen. Es ist aber auch eine Reise in meine eigene Vergangenheit, denn vor mehr als 50 Jahren war ich in diese Region mehr oder weniger häufig gereist – der Liebe wegen.

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