Sagenwelt der Ardennen

Wer beim Morgengrauen am Tag der Sommersonnenwende durch die Wälder um Charleville-Mézières wandert, kann es noch immer hören; Das Wiehern eines Pferdes namens Bayard. Die wohl älteste und bekannteste Sage der Ardennen um das Wunderpferd Bayard mit den vier Söhnen des Aymon de Dordonne hat seine nachweislich schriftliche Fassung im XII. Jahrhundert, wird aber in den mündlichen Variationen auf die keltische, vorchristliche Zeit des sechsten Jahrhunderts datiert.

Die vier Söhne des Aymon de Dordonne, Miniatur aus dem XIV. Jahrhundert

Demnach wird Bayard als Sohn eines Drachens und einer Schlange von dem Zauberer Maugis von einer Vulkaninsel befreit und Kaiser Karl dem Großen geschenkt. Der verschenkt es weiter an Renaud de Montabaun, dem ältesten Sohn des Aymon. 

Doch Renaud streitet sich im Schach mit einem Neffen des Kaisers, Bertolai, und tötet ihn in einem Wutanfall. Darauf hin flieht Renaud mit seinen drei Brüdern auf Bayard zum Vater nach Soisson. Als Vasall Karl des Großens kann er sie aber nicht beherbergen und sie fliehen wieder auf dem Rücken des feenhaften Pferdes mit geisterhafter Schnelligkeit vor der Armee Karls des Großen in die Ardennen. In zwölf Szenen von 10 Uhr bis 21 Uhr öffnet sich der Vorhang am Korpus des ca. zehn Meter hohen Puppenspielers und man sieht Marionetten, wie sie für wenige Minuten agieren und eine tiefe Stimme die Handlung erklärt. Am Samstag wird der gesamte Handlungsstrang um 15 Uhr an einem Stück aufgeführt.

Letztendlich möchte Renaud, oder auch Raymund genannt, Frieden mit Karl dem Großen schließen, der ihm Begnadigung auch unter der Bedingung einer Pilgerreise nach Jerusalem gewährt. Bayard wird in die Obhut von Karl dem Großen gegeben, der das Pferd töten will, indem er ihm einen Mühlstein um den Hals hängt, um es zu ertränken. Das Pferd zerschlägt in der Meuse oder auch im Rhein mit einem Hufschlag den Mühlstein, schwimmt ans Ufer und geistert seitdem durch die Ardennen. Renaud kehrt aus Palästina zurück und Gebeine von ihm werden als Reliquien 1065 nach Dortmund in die Reinoldi-Kirche überführt.

Abenteuer und Ruhmestaten der vier Brüder, die dank der übernatürlichen Kräfte des Pferdes Bayard möglich waren, sind zwischen dem 6. und 14. Jahrhundert viele erfunden worden. Ethymologisch wird Bayard auf die keltischen Worte erdig für braun (Braunfalbe oder Fuchs) und auf belenic, dem keltischen Gott Belenos, zurück geführt. Die dichterische Freiheit ist hier so groß wie die Sprünge von Bayard.

Seit mehr als sechs Monaten wird das Museen de l’Ardenne generalsaniert und ein Durchgang links in der Ecke durch den pittoresken Hof zum Museumseingang ist leider nicht möglich

Eine Antwort auf „Sagenwelt der Ardennen“

  1. Was ich schon bei wöchentlichen welterklärenden Cappuccino-Gesprächen angedeutet bekam … hier bereichert uns ein journalistischer Profi: Unterhaltsam und zugleich lehrreich (im Sinne von interessant). Wie schon Horaz sagte: Nützlich sein wollen die Dichtenden oder ergötzen. Jeglichen Beifall errang, wer Lust und Nutzen vereinigt.

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